Dass unser Hund einen Unfall erleidet ist wohl einer der Albträume, den viele Besitzer zu verdrängen versuchen, denn sofort denkt man an das Allerschlimmste. Man sagt sich, dass “unserem” schon nichts passieren wird, aber das äuβerst flaue Gefühl im Magen bleibt und kommt sicher wieder sobald die Phantasie ungewollt auf Reisen in diese Richtung geht. Wie auch bei so vielen anderen unangenehmen Situationen, die man sich so rein theoretisch ganz fürchterlich vorstellt, hilft die direkte Konfrontation mit dem Thema, um im Umgang damit mehr Sicherheit zu erlangen. Der folgenden Artikel will entsprechend Grundkenntnisse in Erster Hilfe für Hunde vermitteln, damit wir im Ernstfall so souverän wie nur möglich reagieren können.

 

Wurde unser Vierbeiner in einen Unfall verwickelt, wird er aufgrund des Schocks und der Schmerzen nervös sein und Angst haben. Das wichtigste Gebot für uns bedeutet in jedem Fall “Ruhe bewahren!“, keine Angst zeigen sondern direkt handeln und ihn mit freundlicher Stimme ansprechen und zu uns rufen. Er muss spüren, dass keine weitere Bedrohung naht und er sich uns anvertrauen kann, schnelle hektische Bewegungen sind hier unbedingt zu vermeiden. Ist der Hund in diesem Moment frei laufend, sollte er so schnell wie möglich angeleint werden für den Fall, dass er in Panik gerät und weg laufen möchte. Hinzukommende Personen, die helfen möchten, sind unserem Vierbeiner unbekannt und können im ersten Moment bedrohlich wirken, sie sollten sich nicht nähern, sondern eher im Gegenteil ausschwärmen und die Fluchtwege mit ihrer Präsenz blockieren. Hat man den Verunfallten mit der Leine gesichert, sollte diese an ein festes Objekt (Geländer, Zaun, Laterne, Schild, etc.) gebunden werden, damit wir die Hände frei haben und der Hund nicht weglaufen kann.

 

Schnauzband

Bei der Beruhigung der geschockten Feuchtnase, ist es wichtig auch weiterhin langsam und beruhigend auf sie einzusprechen. Das Abdecken mit einem Kleidungsstück vermittelt zudem Schutz und Sicherheit und verhindert das Auskühlen. Allerdings sollten wir uns nicht wundern, wenn uns das Tier in seinem Schreck nicht erkennt und versucht sich zu wehren. Eine zweite Person kann jetzt hilfreich sein und die Hinterbeine festhalten. Macht der Hund aber Anstalten zu beiβen, sollten wir nicht zögern den Maulkorb anzulegen oder ihm das Maul mit einem Schnauzband (aus einer Mullbinde oder Tuch, im Notfall auch einem Schnürsenkel oder der Leine) zu fixieren, denn unsere Sicherheit geht vor, sonst ist niemandem geholfen. Die Folgende Grafik erläutert das Anlegen des Bandes um Fang und Hinterkopf:

Schnauzband

PartnerHund-Spezial: Erste Hilfe, S.10

Vorsicht! Ein Schnauzband sollte nie einem bewusstlosen Tier angelegt werden, da es die Atmung schwer beeinträchtigen kann.

Nach Fixierung und Sicherung des Vierbeiners, können wir ihn nun auf offene Verletzungen untersuchen und diese notdürftig so gut es geht verbinden, bevor wir ihn umgehend zum Tierarzt bringen.

 

Blutungen

Bestehen offene Wunden, sollten diese direkt verbunden werden. Handelt es sich um eine oberflächliche Verletzung reicht das umwickeln mit einer Mullbinde, Taschentüchern oder einem Stoffrest, um die Blutung einzudämmen und Dreck fern zu halten. Ist es allerdings eine tiefergehende Verletzung, aus der viel dunkles Blut (Verletzung einer Vene) oder stoβweise helles Blut (Arterie) flieβt, muss schnellstens ein Druckverband angelehnt werden, da Lebensgefahr besteht. Wichtig ist hier eine saugfähige Schicht Taschentücher, Mull oder Stoff auf die Wunde zu legen und diese mit einen Band fest abzubinden. Dieses wird dann ein zweites Mal fest über die Wunde und ein darauf liegendes festes Polster (ein Päckchen Tempos, zusammengelegter Stoff) geführt und abschlieβend fest verknotet. Blutet dieser Verband sofort durch, sollte er nicht abgenommen, sondern ein zweiter darüber gelegt werden.

Druckverband

 

Vorsicht! Ist unser Vierbeiner bewusstlos, gilt es schnell zu sein und klar zu denken: Atmung und Herzschlag sind zuerst sicherzustellen, dann erst sollten Blutungen gestoppt und Wunden abgedeckt werden.

 

Atmung prüfen und Atemwege befreien

Durch die Aufregung nach einem Unfall ist die Atmung des Vierbeiners normalerweise schneller und er tendiert zu hecheln. Ist das Tier bewusstlos, wird die Atmung eher flach und daher nicht so gut zu erkennen sein. Hier muss visuell oder mit den Fingerspitzen geprüft werden, ob sich der Brustkorb hebt und senkt. Zeigt sich keine Bewegung kann auch ein angefeuchteter Finger unter die Nase gehalten werden. Auch die Schleimhäute im Maul verraten uns deutlich, ob die Sauerstoffversorgung unterbrochen ist: Die unpigmentierten Stellen sind natürlicherweise rosa und färben sich bei Atemnot blau oder lila.

Ist Atmung vorhanden, öffnen wir das Maul und prüfen den Innenraum, um uns zu versichern, dass nichts die Atemwege beeinträchtigen kann. Danach ziehen wir die Zunge weit aus dem Mund, um zu verhindern, dass diese in den Rachen rutscht und damit eventuelles Blut bzw. Erbrochenes abflieβen kann. Hierzu legen wir den Kopf des Hundes zusätzlich leicht überstreckt ab, so dass Schnauze, Schädel und Wirbelsäule eine Linie bilden und das Maul nach unten zeigt.

 

Heimlich Manöver

Hat der Hund etwas verschluckt und zeigt Anzeichen nicht frei atmen zu können, sollten wir zunächst Ruhe bewahren und ihm Zeit lassen selbst seine Atemwege durch Husten und Würgen zu befreien. Schafft er dies allerdings nicht und seine Atmung setzt aus, müssen wir unverzüglich handeln, um ihm zu helfen. Der erste Schritt ist das Maul zu öffnen und nach dem verschluckten Fremdkörper im Rachen zu suchen, eine Taschenlampe kann hier die Sicht erleichtern. Zur Sicherung kann auβerdem ein Holzstück zwischen Ober- und Unterkiefer platziert werden. Können wir das Hindernis erkennen, kann ein stumpfer langer Gegenstand zur Hilfe genommen werden um dieses zu entfernen (z.B. ein Stöckchen oder ein Plastiklöffel).

Sollte nichts Greifbares zu Erkennen sein, können wir zunächst die Schwerkraft zu Hilfe nehmen. Um das Objekt zu lockern, schlagen wir mit dem flachen Handballen fünfmal kräftig zwischen die Schulterblätter des Tieres. Beginnt der Vierbeiner wieder zu husten, geben wir ihm Zeit den Fremdkörper auszuspucken. Hat dies allerdings keinen Effekt gehen wir direkt zum zweiten Schritt über: Kleine Hunde heben wir hoch und halten sie kopfüber, wobei wir sie vorsichtig schütteln. Gröβere Hunde umfassen wir kurz hinter dem Brustkorb und heben die Hinterläufe an, dann schütteln wir den Oberkörper vorsichtig nach unten während die Vorderbeine noch auf dem Boden abgestützt sind.

Kann unser Vierbeiner immer noch nicht atmen, wenden wir den Heimlich-Griff an so, wie man ihn auch von Hilfsmaβnahmen bei Personen kennt. Ziel ist es hierbei das Objekt durch einen Luftstoß aus der Lunge über die Atemwegen in den Mundraum zu katapultieren.

Vorsicht! Dieser Griff darf nur angewendet werden, wenn die Luftröhre komplett blockiert ist und akute Atemnot besteht, da die Druckerhöhung im Brust- und Bauchraum zu inneren Verletzungen führen kann.

  1. Wir legen den Hund idealerweise auf seine rechte Seite und überstrecken den Kopf, können den Griff aber auch im Stehen anwenden.
  2. Wir positionieren uns hinter dem Hund und klopfen erneut fünfmal kurz und kräftig zwischen die Schulterblätter um den Fremdkörper zu lockern.
  3. Wir nähern uns mit der Brust seinem Rücken und legen den Handballen auf den Oberbauch des Tieres knapp unter dem Brustbein. Bei groβen und beleibten Hunden kann die zweite Hand zu Hilfe genommen und zur Verstärkung auf die erste gelegt werden.
  4. Dann ziehen wir das Tier ruckartig an uns und erzeugen eine Schubbewegung vom Zwerchfell zum Rachen um einen Überdruck in der Lunge zu erzeugen. Diese Bewegung kann bis zu fünfmal wiederholt werden.
  5. Spuckt der Hund nichts aus, muss sofort der Mundraum überprüft werden, um zu sehen ob der Fremdkörper nach oben gerutscht ist und nun entfernt werden kann.
  6. Ist nichts zu sehen, wiederholen wir das Schwerkraft-Manöver und schütteln das Tier mit dem Kopf nach unten.

9_heimlich

 

Puls prüfen und Reanimieren

Der Puls wird beim Hund am leichtesten an der Oberschenkelschlagader gemessen, die sich an der Innenseite des hinteren Laufs befindet. Zum Messen des Pulses streichen wir mit Zeige- und Mittelfinger über die Haut dicht am Hüftgelenk und versuchen den Strang zu ertasten. Wir drücken leicht darauf und zählen eine Viertel Minute lang das Pulsieren der Schlagader. Auch an den Voder- oder Hinterläufen im Gelenkbereich oder direkt am Herzen kann der Puls erfühlt werden. Das Ergebnis wir mit 4 multipliziert um die Schläge pro Minute herauszufinden: Große Hunde haben einen Ruhepuls von etwa 80 bis 100, kleine Hunde etwa 100 bis 120. Stress und Erregung können diese Frequenz auf bis zu 240 Schläge erhöhen. Ist der Puls nur schwach spürbar und die Schläge nicht deutlich voneinander zu trennen, deutet dies auf einen schwachen Blutdruck hin und sollte untersucht werden.

Tritt der schlimmste aller Fälle ein und unser Vierbeiner zeigt weder Atmung noch Puls, muss umgehend mit Beatmung und Herzmassage begonnen werden, da der Hund zu Sterben droht. Hier ist es äuβerst hilfreich eine zweite Person zu Hilfe zu nehmen.

Vorsicht! Nur wenn der Hund bewusstlos ist und weder Atmung noch Herzschlag hat, darf diese Form der Ersten Hilfe angewandt werden.

 

Künstliche Beatmung
  1. Wir legen den Hund auf seine rechte Seite und positionieren uns frontal vor ihn.
  2. Mit beiden Händen verschlieβen wir sein Maul und dichten die Lefzen ab. Bei Kleinen Hunden und Welpen kann auch ein Trichter geformt werden der den offenen Mund und die Nase umfasst, so dass beide Luftwege einbezogen werden.
  3. Wir nähern unseren Mund an die Nase des bewusstlosen Tieres und blasen vorsichtig Luft in die Nasenlöcher. (Es kann ein dünnes Stück Stoff, etwa ein Halstuch, über die Nase gelegt werden, um den direkten Kontakt zu vermeiden.)
  4. Wir überprüfen, ob die Luft in der Lunge ankommt über das Heben und Senken des Brustkorbs. Zeigt sich keine Bewegung, kann ein dichterer Griff um das Maul und kräftigeres Blasen nötig sein.
  5. Wir wiederholen das Manöver 20-30 Mal pro Minute, d.h. alle 3 Sekunden (einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig…).

 

Herzdruckmassage

Parallel zur Beatmung ist das Stimulieren des Herzmuskels wichtig, damit das Blut weiter im Körper zirkuliert. Dabei wir das Herz durch Druck auf das Brustbein in Richtung Wirbelsäule gepresst.

  1. Wir winkeln den linken Vorderlauf des Hundes an, um die Lage des Herz zu bestimmen: Es liegt direkt über der Ellbogenspitze.
  2. Bei Welpen legen wir zwei Finger, bei kleinen Hunden eine Hand und bei gröβeren Tiere beide Hände auf die Stelle.
  3. Wir beugen uns über den Hund und drücken mit ausgestreckten Armen an dieser Stelle in kurzen Stöβen auf den Brustkorb. Nach jedem Stoβ wird komplett entlastet.
  4. Die Taktung liegt bei 1 Druck pro Sekunde.

 

Werden beide Maßnahmen kombiniert, halten wir uns an die Faust-Regel: 5 x Herzmassage + 1 x Beatmen bei kleinen und mittleren Hunden und 10 x Herzmassage + 1 x Beatmen bei groβen Hunden.

 

Als kleine zusammenfassende Anleitung zur Reanimation im äuβersten Erstfall haben wir die folgende Grafik von Camila Correa Mitrovic und Javiera Valle Toro übersetzt:

Reanimation DE

 

Zusätzliche Informationen zur Ersten Hilfe beim Hund finden sich in der entsprechenden Sonderausgabe von PartnerHund, auf der Webseite Erste-Hilfe-beim-Hund oder anschaulich selbst in Szene gesetzt bei Hundetrainerin Juliane Lange.

 

 

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